Nachrichten Kolumbien | 02 Dezember 2020

Ein sicherer Ort inmitten der Verfolgung

Timóteo wuchs in einem animistischen Stamm in Kolumbien auf, der die Geister des Waldes und der Erde anbetet und ­uralte Rituale praktiziert. Als Timóteos ­Familie zum Christentum konvertierte, fühlten sich die Dorfbewohner verraten und fürchteten, sie würden die Geister verärgern.

 

 
Show: true / Country: Kolumbien / Kolumbien

Der 11-jährige Timóteo war auf dem Heimweg von der Schule, als ein ­bewaffneter Mann in Militärkleidung nach ihm rief. Seine Anwesenheit erzeugte in ihm gemischte Gefühle: Angst und Verlangen. Angst wegen der Waffen und des Drogenhandels. Verlangen, weil diese Lebens­weise Geld und neue Möglichkeiten zu ­bieten schien. Timóteos Leben war an einem Scheideweg angelangt.

Timóteo wuchs in einem animistischen Stamm in Kolumbien auf, der die Geister des Waldes und der Erde anbetet und ­uralte Rituale praktiziert. Als Timóteos ­Familie zum Christentum konvertierte, fühlten sich die Dorfbewohner verraten und fürchteten, sie würden die Geister verärgern.

Timóteos Grossvater war der Erste in seiner Familie, der Christ wurde; er wurde von den Stammesbehörden vergiftet. Doch die Familie blieb stark in ihrem Glauben und verleugnete Jesus nie. Timóteos Vater wurde sogar Pastor.
Neben der Verfolgung durch den Stamm waren die Christen auch mit der Guerilla konfrontiert. Es war nicht mehr sicher, auf der Strasse zu spielen. Wenn Guerilla­kämpfer ein Kind rekrutieren wollten, nutzten sie alles, was ihnen einfiel, um ihm ein attraktives Angebot zu machen: Geld, Essen oder eine Unterkunft. In manchen Fällen wurden Kinder gewaltsam entführt.

Timóteos Vater hatte ein besondere Bürde, den Kindern des Stammes zu predigen. Seine Hoffnung war es, dass die Kinder Gott kennen und die Angebote der Guerilla nicht annehmen würden. Daraufhin drohte diese, ihn zu töten, doch Timóteos Vater liess sich nicht abschrecken.

Vor die Wahl gestellt

Timóteo versuchte, der Guerilla so weit wie möglich aus dem Weg zu gehen, aber an diesem Tag auf dem Heimweg von der Schule bot der Kämpfer ihm ein besseres Leben.

Er bot ihm Geld an – damit könnte er alles kaufen, was seine verstossene Familie sich nicht leisten konnte. Und er bot ihm Macht und Zugehörigkeit – er würde nicht mehr nur ein vom Stamm Verstossener sein. Er wäre ein Guerilla, und der Stamm müsste auf ihn hören oder die Konsequenzen tragen.

All dies ging ihm durch den Kopf – und er sagte «nein». Tief in seinem Innern erinnerte er sich daran, dass Jesus mehr Wert war als irdische Reichtümer oder Macht. Doch die Aussicht auf ein besseres Leben liess ihn nicht los.


Das Zufluchtszentrum in Kolumbien

Sicher vor der Guerilla

Als Timóteos Vater erkannte, dass sein Sohn gedrängt wurde, der Guerilla beizutreten, befürchtete er, dass Timóteo ihren Angeboten früher oder später nachgeben oder mit Gewalt mitgenommen würde – insbesondere wegen seiner öffentlichen Opposition gegen die Guerilla. Sein Sohn wäre eine schöne Trophäe.

Er erinnerte sich an das Zentrum für Kinder von verfolgten Christen in Kolumbien, das von Open Doors geführt wird. Er schickte umgehend eine Anfrage und Timóteo wurde aufgenommen.

Für Timóteo dauerte es eine Weile, bis er sich im Zentrum zu Hause fühlte. Obwohl er hier vor der Guerilla sicher war, war sie noch immer in seinen Gedanken. Einmal zeichnete er sich selbst mit Waffen in der Hand zusammen mit der Guerilla – endlich reich und mächtig.

Doch mit der Zeit veränderten sich seine Gedanken. Im Zufluchtszentrum lernte er viel mehr als Biologie und Mathematik. Er erhielt Traumabegleitung, die ihm half, zu verstehen, welche Spuren die Verfolgung gegen seine Familie hinterlassen hatte.

«Was mir am besten gefällt, sind die Prinzipien hier, die einem als Christ helfen. Ich bete morgens und lese die Bibel. Jetzt kenne ich Jesus besser; ich lebe für ihn.»

Das Evangelium weitergeben

In den Jahren, seit Timóteo ins Zentrum kam, riskierten sein Vater und seine Mutter weiter ihr Leben, um die gute Nachricht von Jesus zu verbreiten.

Timóteo hat seine Schulbildung im Zentrum nun abgeschlossen und wird ein Studium als Industrieingenieur beginnen. Nach Abschluss seines Studiums will er in seine Gemeinschaft zurückkehren, um den vielen Mädchen und Jungen zu helfen, die noch immer vor den gleichen Herausforderungen stehen, mit denen er einst konfrontiert war.

Er will in die Fusstapfen seiner Eltern treten. «Ich möchte als Evangelist über Gott erzählen, weil Jesus selbst dies getan hat. Wenn er es getan hat, muss ich es auch tun.»


Das Zufluchtszentrum betreut derzeit 61 Kinder aus der verfolgten Kirche. Das Zentrum bietet ganzheitlichen Unterricht und sorgt für geistliche und emotionale Stabilität. Nebst akademischen Fächern liegt der Schwerpunkt auf beruflichen Fähigkeiten. Es gibt zudem 13 externe Kinder, um die Mindestzahl, die für eine Akkreditierung nötig ist, zu erreichen. Diese kommen selbst für ihre Schul- und Verpflegungskosten auf. Die Kinder werden von 12 Mitarbeitenden und 9 Lehrpersonen sowie von 7 Teilzeitkräften, wie z. B. Psychologen, betreut.


 

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