Wie sieht die Verfolgung in Äthiopien aus?
Obwohl das Christentum die Mehrheitsreligion in Äthiopien ist, ist die Realität sehr viel komplexer. Christen, die in bestimmten Gebieten leben und aus bestimmten Verhältnissen stammen, können für ihren Glauben alles verlieren.
Menschen, die vom Islam zum Christentum konvertieren, riskieren besonders im Osten und Südosten des Landes heftige Misshandlungen durch ihre Gemeinschaften. Frauen drohen Vergewaltigung, Zwangsheirat oder (wenn sie verheiratet sind) die Scheidung und Trennung von ihren Kindern. In einigen Gebieten haben islamische Extremisten Kirchen angegriffen und dabei von der allgemeinen Zunahme der politischen Gewalt profitiert. Christliche Konvertiten können mit dem Tod bedroht werden und sind oft gezwungen, aus ihren Häusern zu fliehen.
Verfolgt werden auch Christen, die von der traditionellen Äthiopisch-Orthodoxen Kirche (EOC) zu einer protestantischen oder nicht-traditionellen Konfession übertreten. Gläubige, die eine andere christliche Versammlung als gewohnt besuchen, können von ihren Familien völlig gemieden werden. Es wird davon ausgegangen, dass in Äthiopien alle grossen Kirchen bei der Ernennung ihrer Leiter von der Regierung beeinflusst wurden.
Teile Äthiopiens sind in Stammesgebiete aufgeteilt. Von Christen in diesen Gebieten wird erwartet, dass sie sich an Stammeskonflikten beteiligen. Gläubige, die sich weigern, müssen mit gewaltsamen Gegenreaktionen der Gemeinschaft rechnen.
Wer ist von der Verfolgung am stärksten betroffen?
In verschiedenen Teilen des Landes sind Menschen, die aus einem muslimischen Hintergrund heraus Christen werden oder sich von der traditionellen Äthiopisch-Orthodoxen Kirche abwenden, am stärksten von Diskriminierung und Verfolgung bedroht.
Treffen Sie Ruth*
«Wenn du ein evangelischer Christ bist, dann weiss das dein Umfeld. Es weigert sich, mir dir zu sprechen oder auch nur irgendeine Art von Beziehung mit dir zu haben. Im Moment redet meine Familie überhaupt nicht mit mir.»
Ruth (22, NAme geändert) ist als Jugendliche zum evangelischen glauben übergetreten. Als ihre Familie ihre Bibel entdeckte, verlor sie jegliche Unterstützung durch die Familie (Juni 2022)
Was hat sich im vergangenen Jahr verändert?
Der Druck, dem Christen ausgesetzt sind, ist nach wie vor hoch, vor allem in Bezug auf das Gemeinde- und Kirchenleben. So wurden beispielsweise im vergangenen Jahr über zwanzig Kirchen angegriffen, beschädigt oder geplündert. Die politische Gewalt in Äthiopien hat sich zu einem regelrechten Bürgerkrieg ausgeweitet, der das ganze Land überzieht. Seit im November 2022 ein Friedensabkommen erzielt wurde, beten die Christen in Äthiopien dafür, dass dies für das Land ein Ende der Krise bedeutet. Die Verfolgung im Kontext eines Krieges ist komplex. In vielen Fällen ist unklar, ob die Verfolgung den Glauben, die ethnische Zugehörigkeit oder einen anderen Faktor als Ursache hat.
Wie hilft Open Doors den Christen in Äthiopien?
Open Doors arbeitet mit der örtlichen Kirche zusammen, um Äthiopiens Christen zu stärken, bietet Leiterschaftsschulungen und Verfolgunsseminare an und fördert sozio-ökonomische Projekte.
Herr Jesus, wir bitten dich um Gerechtigkeit für die Menschen, die dich in Äthiopien neu kennenlernen. Bitte greif ein und schütze ihre Rechte, ändere die Herzen ihrer Familienmitglieder und Nachbarn. Wir beten, dass alle Gläubigen, die mit feindseligen Situationen konfrontiert sind, Deine Gegenwart wahrnehmen und ihre Freude bewahrt wird. Wir beten, dass Du diejenigen ausrüstest, die mutig das Evangelium an gefährliche Orte bringen. Und wir sehnen uns danach, dass die verschiedenen Kirchen und Konfessionen in ganz Äthiopien einander verstehen und lieben lernen. Amen.