In Kürze
Seit 30 Jahren setzt Open Doors den Weltverfolgungsindex ein, um die Christenverfolgung weltweit zu dokumentieren und zu messen. Der Index zeigt eindrücklich, dass die Verfolgung zunimmt und sich intensiviert, gerade im südlichen Afrika. 360 Millionen Christen leiden heute aufgrund ihres Glaubens unter einem hohen Mass an Verfolgung und Diskriminierung. Nordkorea, wo schon das Hören des Evangeliums zu einer Gefängnisstrafe führen kann, steht ganz oben auf der Liste.
Unsere Analysten haben aktuelle globale Trends zur Christenverfolgung erfasst, die wir hier in verkürzter Fassung veröffentlichen.
Gewalt auf einem Allzeit-Hoch im südlichen Afrika
Die Hälfte der afrikanischen Länder, die auf dem Index 2023 vertreten sind, weisen ein Ausmass an Gewalt auf, das unter die Kategorie «extrem» fällt.
In allen afrikanischen Ländern südlich der Sahara begünstigt der allgemeine Kontext die Gewalt: Anhaltende und zunehmende politische Instabilität kumuliert mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Während die ärmsten afrikanischen Länder versuchten, die verheerenden Folgen der Covid-19-Pandemie zu überwinden, trieb die russische Invasion in der Ukraine die Preise für Nahrungsmittel, Düngemittel und Energie in die Höhe.
Die Christen in diesen Ländern bekommen die Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen am stärksten zu spüren. Die Schwäche der Staaten und die Ineffizienz ihrer Regierungen haben eine Reihe von gewalttätigen Trends verstärkt, die für die Kirche besonders bedrohlich sind, wie die Ausbreitung des Dschihadismus oder die Kontrolle des organisierten Verbrechens über den Handel mit natürlichen Ressourcen und seltenen Mineralien.
Das chinesische Modell breitet sich aus
Chinas offensichtlicher Erfolg in wirtschaftlicher Hinsicht, das Versprechen von Wachstum und Wohlstand, verbunden mit dem Versprechen, alle als abweichend empfundenen Gruppen und Einzelpersonen zu kontrollieren, hat das Interesse von Staatsführern auf der ganzen Welt geweckt, unabhängig von ihrem ideologischen Hintergrund.
Auch so vielfältige Länder wie Sri Lanka oder Myanmar schliessen sich diesem Modell an, wie auch zentralasiatische Staaten wie Aserbaidschan, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan und natürlich Russland.
Autoritäre Tendenzen sind auch in anderen Teilen der Welt zu beobachten, etwa im Nahen Osten, in Nordafrika und im südlichen Afrika sowie in Südamerika. Überall ist die blosse Existenz christlicher Gemeinschaften ein Dorn im Auge autoritärer Regime. Dies gilt umso mehr, wenn christliche Aktivisten ihre Stimme erheben, um sich den Handlungen des Regimes zu widersetzen.
China: Digitale Kontrolle bedroht die Kirche
Mit zunehmender Perfektionierung der digitalen Hilfsmittel setzt die chinesische Regierung diese zu Kontrollzwecken ein. Im März 2022, bewaffnet mit neuen strengen Regeln für die Internetnutzung durch Kirchen und unter dem Vorwand der Covid-19-Pandemie, setzte Peking Zensur, Desinformation und eine lückenlose Überwachung ein, um die Kontrolle über religiöse Gruppen zu verstärken.
Zwar hat der technologische Fortschritt auch den chinesischen Christen ermöglicht, das Evangelium zu verbreiten. Sie sind jedoch zunehmenden Risiken ausgesetzt, wenn sie entdeckt werden, und die negativen Folgen sind für ihre gesamte Gemeinschaft von grosser Tragweite.
Das viel beworbene chinesische «Sozialkredit-System» entwickelt sich zu einer staatlichen Priorität, die durch die Pandemie nur noch verstärkt wurde.
Lateinamerika: Die Lebensbedingungen der Kirche verschlechtern sich
Ein viertes lateinamerikanisches Land, Nicaragua, ist dieses Jahr neu im Weltverfolgungsindex vertreten. Es schliesst sich Kolumbien, Kuba und Mexiko an und steht auf Platz 50 des Index. Grund dafür ist die Unterdrückung durch Präsident Ortega und seine Frau, die versuchen, jede abweichende Stimme von ihrem Regime zum Schweigen zu bringen.
Insgesamt ist eine Verschlechterung der Platzierung der im Index vertretenen lateinamerikanischen Länder zu beobachten. Kolumbien, Kuba und Mexiko rücken je 5-10 Ränge nach oben. Vor allem in ländlichen Gebieten sind Korruption und eine ineffiziente Regierung für diese Entwicklung verantwortlich.
Naher Osten: Die wenigen Christen sind weiterhin bedroht
Die kritischste Zeit mag aus Sicht der Religionsfreiheit im Nahen Osten vorbei sein, doch insgesamt ist die Situation nach wie vor entmutigend.
Einerseits hat der sichtbare und politische Einfluss der Muslimbruderschaft stark abgenommen. Andererseits ist die Diktatur nach dem gescheiterten «Arabischen Frühling» wieder im Aufschwung und nach Tunesien zurückgekehrt.
Algerien bleibt dem Christentum gegenüber besonders feindselig eingestellt. Während der Berichtsperiode des Index 2023 erhöhte das Land seinen Druck auf die Kirche durch die Verfolgung und Verurteilung von Christen und christlichen Leitern.
Die christliche Gemeinschaft im Libanon, in Syrien, im Irak, in Jordanien und in den Palästinensergebieten schrumpft aufgrund von Entbehrungen und Verfolgung. Seitdem die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) in diese Region eingedrungen ist, ist es für Christen aus dem Irak und Syrien schwierig, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Vor allem junge Christen sind mit hoher Arbeitslosigkeit und anhaltender Feindseligkeit konfrontiert, was ihren Wunsch auszuwandern fördert.
Golfstaaten: Mehr Toleranz
In mehreren Golfstaaten, wie Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), herrscht mehr Toleranz, und die Behörden suchen nach Wegen, um dem Ruf nach mehr Religionsfreiheit im Rahmen eines gemässigten Islams nachzukommen. Diese ermöglicht es, radikalen islamischen Strömungen entgegenzuwirken und ein besseres Umfeld für Christen zu schaffen.
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