Wie sieht die Verfolgung im Sudan aus?
Die Verfolgung von Christen ist im Sudan nach wie vor hoch. Es ist zu befürchten, dass sich dies angesichts der anhaltenden Unruhen noch verschlimmern wird.
Nach dem Sturz von Omar al-Baschir im April 2019 hat die sudanesische Übergangsregierung mit Spannung beobachtete Änderungen am Rechtssystem vorgenommen, die allen Sudanesen unabhängig ihrer ethnischen Zugehörigkeit, dem Geschlecht oder der Religion grundlegende Menschenrechte garantiert. Massenproteste führten dann im Januar 2022 zum Rücktritt von Premierminister Abdalla Hamdok. Nun herrscht die Befürchtung, dass der Sudan zu den autoritären Jahren des vorherigen Präsidenten Baschir zurückkehren wird und die positiven Schritte unter der Übergangsregierung in Richtung Religionsfreiheit zunichte gemacht werden. Obwohl die Todesstrafe für die Abkehr vom Islam inzwischen abgeschafft wurde, ist die Angst da, dass diese Strafe wieder eingeführt werden könnte.
Die Einstellung der Gesellschaft gegenüber Christen hat sich nicht geändert. Dies gilt besonders ausserhalb der Hauptstadt Khartum. Christen sind nach wie vor extremer Verfolgung ausgesetzt, sowohl durch ihre Gemeinschaften als auch in ihren eigenen Familien, ganz speziell, wenn sie vom Islam zum Christentum konvertiert sind. Sie sind sexuellen Übergriffen und häuslicher Gewalt ausgeliefert und können verhaftet werden. Die Regierung hat keine wirklichen Schutzmassnahmen für Christen und andere religiöse Minderheiten getroffen. Seit dem Militärputsch wurden vier Kirchen geschlossen, aber selbst nach der Änderung ihres offiziellen Status wurden beschlagnahmte Kirchen und Grundstücke noch nicht wieder an ihre christlichen Eigentümer zurückgegeben. Der Versuch, neue Gemeinden zu gründen, ist nach wie vor äusserst schwierig.
Wer ist von der Verfolgung am stärksten betroffen?
Am stärksten gefährdet sind Christen, die vom Islam konvertiert sind, worauf im Sudan früher die Todesstrafe stand. Obwohl die Todesstrafe für die Abkehr vom Islam inzwischen abgeschafft wurde, besteht die Befürchtung, dass sie wieder eingeführt werden könnte.
Geografisch gesehen waren der Druck und die Gewalt gegen Christen ausserhalb der Hauptstadt Khartum schon immer am stärksten. In Darfur, den Nuba-Bergen und den Regionen am Blauen Nil, wo der bewaffnete Konflikt andauert, ist die Gewalt gegen Christen besonders schwerwiegend.
Treffen Sie Abdul
«Es existiert keine Rechtsgleichheit für Christen, ihre Kirchen zu bauen, so wie Muslime das volle Recht haben, ihre Moscheen zu bauen.»
Abdul ist ein sudanesischer christ
Was hat sich im vergangenen Jahr verändert?
Der Staatsstreich im Oktober 2021 durch das Militär beendete die Vereinbarung über die Machtteilung mit den zivilen Mitgliedern der Übergangsregierung. Daraufhin kam es zu Massenprotesten, besonders in der Hauptstadt. Die Demonstranten forderten das Ende der Militärherrschaft. Die Militärs halten das Heft jedoch fest in der Hand. Viele glauben, dass der Sudan zu den autoritären Jahren des gestürzten Staatspräsidenten Omar al-Baschir zurückkehren wird. Dies könnte die positiven Schritte in Richtung Religionsfreiheit, die unter der Übergangsregierung unternommen wurden, zunichtemachen und die Verfolgung von Christen verstärken. Im August 2022 führte die Regierung eine Art Gemeindepolizei ein, die der aufgelösten Sittenpolizei sehr ähnlich ist.
Generell hat die Verfolgung von Christen im Berichtszeitraum zugenommen, sowohl was reine Gewaltanwendungen als auch den Druck in den verschiedenen Lebensbereichen betrifft.
Welches sind die jüngsten Beispiele von Verfolgung?
- 14. Juni 2022 – Pastor Kabashi und ein weiterer Christ, Yacoub Ishakh, wurden während eines Bibelkurses in der Nähe von Khartum festgenommen. Ihnen wird vorgeworfen, die öffentliche Ordnung gestört zu haben. Sie wurden noch am selben Tag gegen Kaution freigelassen und müssen sich nun vor Gericht verantworten. Einige Wochen zuvor waren sie infolge einer Klage ihrer Nachbarn bereits von der Polizei vorgeladen worden.
- 25. April 2022 – Ein Gericht im Bundesstaat Al-Jazirah verurteilte Pastor Stefanous Adil Kajo wegen Störung der öffentlichen Ordnung zu einer einmonatigen Haftstrafe. Dabei war er es, der während eines Gottesdienstes angegriffen worden war, als islamische Extremisten die Gemeinde angriffen. Zwei Frauen wurden verletzt. Einer der Angreifer wurde identifiziert und zu derselben Strafe verurteilt.
- 27. Dezember 2021 – In Kosti im Bundesstaat Weisser Nil brachen Männer in die presbyterianische Kirche ein und tauschten die Schlösser aus, um den Gläubigen den Zugang zu verwehren. Die Polizei wies die Anzeige der Verantwortlichen zurück. In Kadugli im Bundesstaat Kordofan geschah dasselbe: Männer brachten die Kirche in ihre Gewalt und versuchten, das Gebäude zu verkaufen.
Wie hilft Open Doors den Christen im Sudan?
Open Doors arbeitet vor Ort mit kirchlichen Partnern zusammen, um verfolgte Christen durch Überlebens- und Jüngerschaftsschulungen sowie durch sozio-ökonomische Projekte zu stärken.
Vater Gott, wir beten für den Sudan und um Stabilität in der Region. Setze eine Regierung ein, die Gleichheit und Religionsfreiheit respektiert. Heile diejenigen, die von Gewalt und Verfolgung betroffen sind. Baue eine widerstandsfähige resiliente Kirche im Sudan, die im Angesicht der Verfolgung stark bleibt. Beschütze und segne die Partner von Open Doors, die sich für dieses Ziel einsetzen. Greif ein, damit es Fortschritte auf dem Weg zu einer gerechteren und sichereren Gesellschaft im Sudan gibt. Amen.