Die Fotos von Afghanen, die sich auf dem Flughafen von Kabul verzweifelt an Flugzeuge klammern, um aus ihrem Land zu fliehen, und herunterstürzen, versetzen uns zurück an den 11. September 2001: Fast zwanzig Jahre sind vergangen, seit Menschen aus den Zwillingstürmen von Manhattan ins Leere sprangen, um den Flammen zu entkommen.
Wer kann diese Bilder vergessen, die von der Verzweiflung einer ganzen Bevölkerung zeugen?
Panik brach in Afghanistan aus und mit der Freiheit war es vorbei. Sie implodierte und stürzte ein, genau wie die Zwillingstürme an jenem schicksalhaften Tag im September 2001. Was bleibt, sind Staub, Ruinen, Tod, zerstörte Hoffnung.
Hat sich in den letzten zwanzig Jahren nichts geändert? Das Leben war nach 2001 unglaublich schwierig in Afghanistan, aber wir können diese zwei Jahrzehnte nicht unter den Teppich wischen. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist unter 25 Jahre alt und erinnert sich nicht an die Zeit, als die Taliban das Land terrorisierten.
Der Wandel war langsam und schmerzhaft, aber das Land machte Fortschritte, so etwa in Bezug auf die Freiheit der Frauen, die Kinderrechte, die Arbeitspolitik und das Gesundheitswesen. Seit 2001 war aber klar, dass die Religionsfreiheit für die neue Regierung kein Thema war.
Die islamischen Extremisten, die alle Schichten der Gesellschaft und der Regierung infiltrierten, liessen nur ihre eigene Vorstellung vom Islam gelten. Religiöse Minderheiten wie Sikhs und Christen wurden nicht anerkannt
Dies wurde deutlich, als in der neuen Verfassung (2004) keine Anordnungen für diese religiösen Minderheiten getroffen wurden. Jeder Bürger galt somit als Muslim, die Religion konnte nicht gewechselt werden. Tatsächlich riskierte jeder, der entdeckt wurde, eingesperrt oder getötet zu werden.
Das wird sich auch mit der Machtübernahme der Taliban nicht ändern. Im Gegenteil, die Macht der religiösen Extremisten hat drastisch zugenommen. Sie streben danach, die erzielten Fortschritte zunichte zu machen und die unerwünschten Elemente zu eliminieren: alle, die mit dem Westen verbunden sind, wer sich der Scharia widersetzt, alle Nicht-Muslime.
Sikhs, zumeist indischer Herkunft, werden einigermassen toleriert. Zwar erfahren auch sie vielerlei Anfeindungen und eine ständige Da'awa (Aufforderung, zum Islam zu konvertieren). Doch können sie zumindest weiterhin als Sikhs existieren. Christen dagegen können sich nicht als solche ausweisen, denn sie sind Abtrünnige.
Eine lokale Quelle sagt: «Die Afghanen sind Kämpfernaturen. Unser Leben hat sich verändert durch die kurze Zeit, in der wir die Freiheit entdeckten und Zugang zur Bildung hatten. Manche wird sicherlich die Angst lähmen, andere werden sich ergeben. Aber es gibt auch jene, die Zugang zur Bildung hatten und deren Horizont sich erweitert hat. Die Grenzen unseres Denkens haben sich ausgedehnt. Wir werden nach neuen Wegen und Lösungen suchen. Wir werden den Status quo in Frage stellen und für das kämpfen, wofür nicht nur die westlichen Länder, sondern auch unsere eigenen Eltern und Grosseltern ihr Leben geopfert haben. Das Recht zu lernen, zu existieren, Gewissens- und Religionsfreiheit. Bitte seid mit uns solidarisch.»
Die Solidarität des Leibes Christi weltweit ist nötiger denn je. Die Verfolgung ging nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001 weiter und hat ständig zugenommen. Mit den Taliban an der Macht wird sie einen neuen Höhepunkt erreichen. Jesus sagte, dass man einen Baum an seinen Früchten erkennt. Wir brauchen die Gräueltaten der Taliban seit ihrer Machtübernahme nicht aufzuzählen.
Christen, die als solche entdeckt werden , werden streng bestraft. Ihnen zu schaden kommt einer Rache für «zwanzig Jahre Besatzung durch westliche und christliche Armeen» gleich. Auch als die westlichen Mächte in Afghanistan vertreten waren, erging es den Christen nicht anders: Sie lebten im Verborgenen, wurden von Familienangehörigen mit dem Tod bedroht und litten schwer.
Wie wirken sich diese zusätzlichen Bedrohungen auf die Christen aus? Sie haben alle Angst. Manche fragen sich, wie sie überleben sollen. Viele möchten an einen sicheren Ort fliehen, aber das können nicht alle. Und andere haben beschlossen, dort zu bleiben, ihrem Gott im Verborgenen zu dienen und ihre Familien zu beschützen.
Es ist zu erwarten, dass Konflikte und Gewalt zunehmen. Wir hoffen, dass sich die Kirche mit den Leidenden solidarisch zeigt und für das Land betet. «Alle Christen, mit denen ich spreche, bitten nur um eins», sagt eine Quelle: «Gebet. Das ist wirklich das Einzige, worum sie bitten. Jeder menschliche Schutz ist zusammengebrochen. Es bleibt ihnen nur Emmanuel, Gott mit uns.»
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