Der Kellner kommt näher und Ana, unsere Reiseleiterin, spricht mit ihm auf Arabisch. Der Strassenlärm übertönt ihre Stimme. Wir können sie kaum hören. Sie gibt uns ein Zeichen, die Speisekarten zu nehmen. Jeder wählt sein Getränk aus, die meisten einen Hibiskus-Saft, und der Mann geht mit seiner Bestellung wieder weg. Sie sitzt auf ihrem Stuhl am Ende des Tisches und versucht, sich mithilfe eines Flyers Luft zu verschaffen, was ihr nicht besonders gut gelingt. Ihr langes, gelocktes schwarzes Haar fällt ihr an den Schultern entlang bis zu den Ellbogen. Sie hat die gleichen grossen schwarzen Augen wie die meisten Menschen, die wir hier kennengelernt haben. Funkelnd und tiefgründig.
Ein Mitglied der Gruppe fragt sie: «Warum hast du dich entschieden, die orthodoxe Kirche zu verlassen?». Sie lächelt. Sie denkt einen Moment nach, bevor sie beginnt, ihre Geschichte zu erzählen.
Drohungen und Schläge
Die traditionelle koptische Kirche ist seit jeher ihre Familie. Dort wächst sie auf und lernt Gott kennen. Ihr Vater hängt sehr an der Kirche. Sie selbst etwas weniger, vor allem seit sie regelmässig sieht, wie dort Kinder geschlagen werden. Sie selbst
wird oft bedroht, obwohl sie erst acht Jahre alt ist.
Das entsetzt sie. Ihre ältere Schwester geht regelmässig in die evangelische Kirche. Eines Tages nimmt sie sie mit. Wenig überzeugt und ein wenig ängstlich stimmt Ana zu. Dort lernt sie eine ganz andere Art und Weise kennen, den christlichen Glauben zu leben. Die Menschen dort sind wohlwollend, gastfreundlich und vor allem schlagen sie ihre Kinder nicht. Sie begleitet ihre Schwester weiterhin regelmässig zur evangelischen Kirche, obwohl ihr Vater zutiefst dagegen ist. Sie fügt hinzu: «Die koptisch-orthodoxe Kirche zu verlassen, ist extrem schwierig.» Als die Verantwortlichen ihrer Kirche begreifen, dass sie weggeht, drängen sie lange darauf, dass sie sich nicht dieser evangelischen «Sekte» anschliesst. Aber sie bleibt standhaft, trotz des Drucks ihres Vaters und anderer, die versuchen, sie umzustimmen. Dort lernt sie schliesslich Jesus und die lebendige Beziehung, die sie zu ihm haben kann, kennen.
Plötzlich ertönt ein krachender Lärm direkt neben uns. Grosse Eisstücke sind von einem Karren gefallen, der von mehreren Männern gezogen wurde. Entnervte Rufe ertönen, als mehrere von ihnen versuchen, sie wieder an ihren Platz zu schieben. «Wenn das das Eis ist, das wir in unsere Getränke tun, ist es kein Wunder, dass wir alle krank sind», ruft einer aus der Gruppe und lacht. Ana lacht, denn sie ist sich des Kulturschocks bewusst, den wir seit einigen Tagen erleben.
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