In einem Küstendorf im Norden von Andhra Pradesh sind derzeit etwa hundert christliche Familien einem heftigen Boykott ausgesetzt: Der Dorfvorsteher und andere Einwohner verweigern ihnen den Zugang zu den nahe gelegenen Fischereigebieten, entziehen ihnen lebensnotwendige Güter und schliessen sie aus dem gesellschaftlichen Leben aus. Der Grund dafür ist, dass die Christen sich nicht finanziell am Bau eines Hindu-Tempels beteiligen wollen.
Keine Geschäfte mit Christen
Der von den lokalen Behörden angeordnete Boykott hat schwerwiegende wirtschaftliche Folgen für die christlichen Familien des Dorfes: Die lokalen Händler weigern sich, ihnen Lebensmittel zu verkaufen oder von ihnen zu kaufen. Das gilt sogar für Trinkwasser, wie Dorfbewohner gegenüber lokalen indischen Medien berichteten. Christen dürfen nicht mehr mit ihren Booten aufs Wasser fahren und fischen. Um sich ernähren zu können, sind sie nun gezwungen, weite Strecken zu anderen Dörfern zurückzulegen, um dort Waren zu kaufen und Arbeit zu finden.
Eine christliche Witwe, die von dieser Situation betroffen ist, berichtete im Beisein ihrer Kinder unter Tränen einem indischen Fernsehsender: «Mein Mann ist vor einigen Monaten verstorben. Als ich mit meinen fünf Kindern allein zurückblieb, half mir meine Mutter und investierte viel Geld, um einen kleinen Lebensmittelladen zu eröffnen, damit wir unseren Lebensunterhalt bestreiten konnten. Kurz darauf rief das Dorf zum Boykott auf, und niemand kommt mehr in meinen Laden. Ich habe mein Geschäft verloren. Das bricht mir das Herz.»
Eine Geldstrafe für jeden, der mit Christen spricht
Die wirtschaftliche Ausgrenzung ist jedoch nur ein Aspekt des Boykotts: Christen werden auch sozial aus der Dorfgemeinschaft ausgeschlossen, als ob sie nicht existierten. Dazu gehört auch, dass sie nicht an lokalen Veranstaltungen teilnehmen dürfen. Die Nachbarn dürfen nun nicht einmal mehr mit Christen sprechen oder sie grüssen: Die Dorfvorsteher haben öffentlich verkündet, dass niemand mit Christen sprechen darf. Wer gegen diese Regel verstösst, muss mit einer Geldstrafe von 5000 indischen Rupien (etwa 50 Franken) rechnen. Aus Angst haben viele Dorfbewohner daher jeden Kontakt zu ihren christlichen Verwandten und Freunden abgebrochen.
Keine Reaktion der Behörden
Trotz zahlreicher Bemühungen, die Aufmerksamkeit der Behörden zu erlangen, hat sich die Lage der Christen in diesem Dorf nicht verbessert. Die Dorfvorsteher haben die von den Beamten vorgeschlagenen Friedensgespräche abgelehnt. Die Christen fühlen sich im Stich gelassen und haben den Obersten Gerichtshof um Hilfe gebeten. Ihre Klage wird derzeit geprüft.
Indien belegt derzeit den 11. Platz des Weltverfolgungsindex.